Ich habe einen guten Freund. Dieser Freund geht schon seit Jahren
(fast) jeden Sonntag schön brav in den Gottesdienst und da er meines
Wissens nach nicht taub ist, können wir davon ausgehen, dass
er im Laufe der Zeit reichlich von Gottes Wort gehört haben dürfte.
Auffällig ist, dass man ihn selbst recht wenig über Gottes Wort reden
hört. Also mir sind jedenfalls keine geschliffenen Auslegungen
von ihm bekannt zu Galater 6, 10 („Darum, solange wir noch Zeit
haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des
Glaubens Genossen.“) oder zu Hebräer 13,16 („Gutes zu tun und
mit andern zu teilen vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen
Gott.“).
Er redet nicht darüber, er tut es einfach. Er hat begriffen, das
„Gutes tun“ etwas mit „tatsächlich machen“ zu tun hat. Wenn ich
mit meinen zwei rechten Händen (als Linkshänder ein echtes Problem)
Hilfe bei irgendwelchen handwerklichen Tätigkeiten brauche,
kann ich mich jederzeit an ihn wenden und er hilft mir ohne viele
Worte (und nein, eine Glühbirne kriege ich dann doch noch alleine
eingeschraubt!).
Als ich vor einigen Jahren nach meiner Herz-OP wochenlang im
Krankenhaus lag, war er es, der mich regelmäßig dort besucht hat.
Wenn man bei Gemeindefesten jemand zum Grillen braucht oder
bei Renovierungsarbeiten am Gemeindehaus – er ist mit dabei. Und
außerdem verdient er in anstrengender Schichtarbeit das nötige
Geld für seine Familie. All das tut er, ohne darüber viele Worte zu
verlieren.
Manchmal denke ich, unser Christsein wäre um einiges ansteckender,
wenn wir weniger darüber reden würden, was wir alles für
Gott und unseren Nächsten machen könnten, sondern es tatsächlich
einfach umsetzen würden. Ich jedenfalls kann wohl ganz brauchbare
Artikel über diverse Bibelverse verfassen und gelegentlich ist es
mir sogar möglich, vor vielen Menschen fast unfallfrei über Gottes
Wort zu sprechen. Und zurzeit bekomme ich sogar es hin, fast jeden
Tag meine „Stille Zeit“ mit Bibellesen zu absolvieren. Also, ich
beschäftige mich schon ziemlich viel mit der Bibel, „höre“ regelmäßig
auf Gottes Wort. Aber setze ich auch wirklich um, was ich von
Gott höre?
Mmh, ich denke, da ist bei mir noch ziemlich viel Luft nach oben.
Mir hilft es jedenfalls, dabei Vorbilder zu haben, die das etwas besser
hinbekommen mit dieser Umsetzung.
Und da ist mein Freund wirklich ein Vorbild für mich. Danke dafür!
Jörg Fricke
Gedanken zum Reformationstag (31.10.)
Vielen meiner Zeitgenossen fällt es schwer, dem 31.10. eine größere
Bedeutung abzugewinnen, als dass er (noch) arbeitsfrei ist. In
ihrer Verlegenheit erschrecken manche Kinder und kindische Erwachsene
ihre Nachbarn und fordern Süßes. Das war‘s dann.
Aber auch wir evangelische Christen wissen mit diesem Tag immer
weniger anzufangen, als uns über die durch Martin Luther entdeckte
„Freiheit des Christenmenschen“ zu freuen. Ist das — zweifellos
epochale — Ereignis „Reformation“ aber heute noch relevant?
JA! -Reformation bleibt eine beständige Aufgabe, aufgrund lehrmäßiger
und moralischer Oberflächlichkeit und Relativierung auch für
uns Freikirchen! Aber bevor wir die ganze Kirche zu ihrer Quelle
zurückbringen, sollten wir zuerst uns anschauen: Wenn wir über die
Gemeinde stöhnen — als anspruchsvolle Zuschauer oder Burnoutgefährdete
Manager — dann haben gerade WIR Re-Formation nötig!
Warum machen wir, was wir machen? Geht es um unser Lebensgefühl,
Gewohnheiten oder um IHN? Ist unsere Sprache und Frömmigkeit
der Jugend und nichtchristlichen Nachbarn verständlich? Welche
Geschäftigkeiten (und Verkopftheiten) im eigenen Leben und
dem der Gemeinde sollten wir reduzieren, um wieder besser zum
Kern des Glaubens vorzudringen und andere dahin mitzunehmen, zu
begeistern? Helft, diese Fragen zu beantworten!
Falko Hornschuch